Ratgeber

Kurzarbeitgeld im Insolvenzverfahren

Als Kurzarbeitergeld (kurz KUG genannt) bezeichnet man die Leistung der Agentur für Arbeit, die den Verdienstausfall des/der  Arbeitnehmers/in  zumindest teilweise wieder ausgleicht. Es dient auch den Erhalt von Arbeitsplätzen, wenn die aktuelle Situation eines Betriebes Entlassungen notwendig machen würde.

Neben Insolvenzgeldleistungen und Arbeitslosengeld hat das Kurzarbeitergeld seit Ausbruch der Corona-Pandemie einen verstärkten Stellenwert in Insolvenz- und Restrukturierungsverfahren.
Kannte man im Regelfall vor der Pandemie lediglich das Transfer-Kurzarbeitergeld, um z.B. eine sozialverträgliche Personalmaßnahme im Rahmen einer Sanierung durchzuführen, hat nunmehr auch das Kurzarbeitergeld wegen vorübergehenden Arbeitsausfall in Sanierungsverfahren Einzug gehalten.  Die Insolvenz eines Unternehmen schließt somit den Bezug von Kurzarbeitergeld nicht generell aus.

Was sind die Anspruchsvoraussetzungen für Kurzarbeit?

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt, die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind,  die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind und der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist.

 Wann ein Arbeitsausfall erheblich ist, ergibt sich aus § 96 SGB III. Danach ist ein Arbeitsausfall erheblich, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht.

 Wirtschaftliche Gründe liegen zum Beispiel vor bei Produktionsengpässen aufgrund von Lieferausfällen des Vorprodukts.

 Ein unabwendbares Ereignis liegt vor, wenn ein Arbeitsausfall durch behördliche oder behördlich anerkannte Maßnahmen verursacht ist, die vom Arbeitgeber nicht zu vertreten sind.

 In beiden Fällen müssen die weiteren Voraussetzungen nach der aktuellen Gesetzeslage für Kurzarbeitergeld (Arbeitsausfall nur vorübergehend, Arbeitsausfall nicht vermeidbar und eine Mindestanzahl an Mitarbeitern müssen mit einer Mindestabsenkung der Entgeltansprüche betroffen sein) erfüllt sein. Da während der Corona-Pandemie die Grenzwerte vorübergehend geändert wurden, verweisen wir hier auf die Bundesagentur für Arbeit. 

Kann Kurzarbeitergeld auch während eines laufenden Sanierungs- bzw. Insolvenzverfahren gewährt werden?

Ja, wenn die Voraussetzungen für Kurzarbeit gegeben sind, ist es unerheblich, ob das Unternehmen aktuell ein Sanierungs- bzw. Insolvenz(antrags)Verfahren durchläuft.

 Der/die Arbeitnehmer/in erhält, sofern die Voraussetzungen gegeben sind, unabhängig von dem beantragten Insolvenzverfahren für die Dauer des Vorliegens der Voraussetzungen und des beantragten Zeitraums Kurzarbeitergeld.

Kann Kurzarbeitergeld auch nach Eröffnung eines Insolvenz- bzw. Sanierungsverfahrens in Anspruch genommen werden?

Bei Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld ist es nicht maßgebend, ob das Unternehmen sich in einem Sanierungs- bzw. Insolvenzverfahren befindet, sondern ob der Arbeitsausfall von vorübergehender Natur ist und mit Eintritt der Arbeitsaufnahme der dauerhafte Bestand der Arbeitsverhältnisse gewährleistet werden kann. Im Rahmen einer Betriebsabwicklung ist der Bezug von Kurzarbeitergeld generell auszuschließen, da der wesentliche Faktor, den Erhalt der Arbeitsplätze auszuschließen ist. Auch endet der Bezugszeitraum von Kurzarbeitergeld mit der unternehmerischen Entscheidung den Geschäftsbetrieb bzw. das Arbeitsverhältnis zu beenden.

Bei einer Sanierung ist gegenüber der Agentur für Arbeit glaubhaft zu machen, dass der Erhalt der Arbeitsplätze nach Verfahrenseröffnung nicht nur vorübergehend ist, sondern ein regulärer Kurzarbeitergeld-Bezug wegen z.B. lediglich eines Verbotes der vorübergehenden Ausübung des Geschäftsbetriebes in Anspruch genommen werden soll. Da die Bewilligung des Kurzarbeitergeld-Bezuges erst im Nachgang erfolgt,  ist vor Inanspruchnahme die Thematik mit der zuständigen Agentur für Arbeit abzustimmen. Eventuell bietet hier die Inanspruchnahme von Transfer-Kurzarbeitergeld interessante Alternativen.

Haben Arbeitnehmer/innen nach dem Bezug von Kurzarbeitergeld während des Insolvenzantragsverfahren Anspruch auf Insolvenzgeld für die Zeit nach KUG-Bezug?

In der Vergangenheit Bisher war es so, dass mit Insolvenzantrag automatisch der Kurzarbeitergeld- Zeitraum endete, da die Arbeitsagentur davon ausging, dass mit Insolvenzantragstellung der Arbeitsausfall nicht mehr ein nur vorübergehender ist.

Eine neue fachliche Weisung der Bundesagentur für Arbeit unter Berücksichtigung der COVID-19-Pandemie fehlt bislang. Die von verschiedenen Sachbearbeitern erhaltenen Auskünfte divergieren. Es muss daher, bis zur Vereinheitlichung der Rechtslage in jedem Einzelfall mit dem jeweils zuständigen Sachbearbeiter der Arbeitsagenturen im Vorfeld ein Gespräch stattfinden, in dem die konkrete Handhabung besprochen wird.

Die Erfahrungen während der COVID-19-Pandemie zeigten, dass wenn der Arbeitsausfall infolge der COVID-19-Pandemie eingetreten und nur vorübergehend ist, mithin die konkreten Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld erfüllt sind, es trotz des Insolvenzantrages keinen Grund gibt, nach Insolvenzantrag kein Kurzarbeitergeld zu gewähren.

Da das Kurzarbeitergeld das reguläre Arbeitsentgelt des/der Arbeitnehmers/in für den Zeitraum des Arbeitsausfalles darstellt und dieses den regulären Entgeltanspruch ersetzt, gibt es keinen Grund, im Anschluss bei Eintritt der Weiterbeschäftigung des/der Arbeitnehmers/in den Anspruch auf Insolvenzgeld auf Grund der Zahlungsunfähigkeit des Insolvenzschuldners nach dem Bezugszeitraum für Kurzarbeitergeld nicht aufleben zu lassen. 

Die Problematik besteht allerdings in der technischen Abwicklung des Leistungsbezuges. Während Insolvenzgeld im Rahmen einer durch die Bundesagentur bewilligten Vorleistung eines Drittens im Rahmen einer Vorfinanzierung gezahlt werden kann und somit eine möglichst zeitnahe und termingerechte Zahlung an die Belegschaft ermöglicht, muss der Arbeitgeber bei Beanspruchung von Kurzarbeitergeld im Normalfall aus eigenen Mitteln in Vorleistung treten. Dieses ist jedoch im Insolvenzfall in der Regel nicht möglich, so dass die Weitergabe der Kurzarbeitergeldleistungen erst nach Eingang der Zahlung der Agentur für Arbeit an die Mitarbeiter/innen erfolgen kann. Eine zeitliche Verzögerung ist daher nicht auszuschließen. Auch muss gewährleistet sein, dass das entgegen genommene Geld der Agentur für Arbeit an die Mitarbeiter/innen ausgezahlt werden kann. Insolvenzrechtliche Vorschriften sind zwingend zu beachten.  

Wie wirkt sich ein Hinzuverdienst bzw. eine Nebentätigkeit auf die Höhe des Kurzarbeitergeldes aus?

Wie auch bei Insolvenzgeld und Arbeitslosengeld kann ein Hinzuverdienst bzw. eine Nebentätigkeit sich auf die Höhe des Leistungsbezuges auswirken.

Sofern die Nebentätigkeit schon vor Beginn der Kurzarbeit durchgeführt wurde, hat das im Regelfall keine Auswirkungen auf die Höhe des Kurzarbeitergeldes. Der Nebenverdienst wird nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet.

Nehmen Arbeitnehmer/innen während des Leistungsbezuges von Kurzarbeitergeld jedoch eine Nebentätigkeit auf, wird das daraus erzielte Entgelt auf das Kurzarbeitergeld angerechnet. Der Grund ist, dass hier eine Erhöhung des tatsächlichen erzielten Entgelts vorliegt. In Ausnahmezeiten, z.B. während der Corona-Pandemie, wurden zeitweise Nebeneinkünfte im Gesundheitswesen, der Lebensmittelbranche und in der Landwirtschaft nicht angerechnet.

Ist Kurzarbeitergeld steuerfrei?

Wie Insolvenzgeld und Arbeitslosengeld ist auch Kurzarbeitergeld eine Lohnersatzleistung und somit steuerfrei. Es wird jedoch bei der Ermittlung des Steuersatzes berücksichtigt, dem Ihr übriges steuerpflichtiges Einkommen unterliegt (sogenannter Progressionsvorbehalt). Dadurch kann es zu Steuernachforderungen, gegebenenfalls aber auch zu Erstattungen kommen.

Wie lange wird Kurzarbeitergeld gewährt?

Im Regelfall können Unternehmen längstens 12 Monate lang Kurzarbeitergeld beziehen. Der Gesetzgeber kann jedoch abweichend davon längere Bezugszeiten beschließen, so z.B. befristet wären der Corona-Pandemie. Die Bezugsdauer kann jedoch unterbrochen werden, um z.B. einen kurzfristig größeren Auftrag zu bearbeiten. Besteht jedoch im Anschluss wieder die Notwendigkeit der Kurzarbeit und alle Voraussetzungen hierzu liegen vor, so kann die Kurzarbeit wieder aufleben bzw. erneut beantragt werden, so dass dann wiederum Kurzarbeitergeld gewährt werden kann.

Können Arbeitnehmer/innen während der Kurzarbeit an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen?

Der Bezug von Kurzarbeitergeld schließt die Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen während der Bezugszeit von Kurzarbeitergeld nicht aus. Jedoch wird zu prüfen sein, dass die Voraussetzungen für den Kurzarbeitergeldbezug, wie die tatsächliche persönliche Betroffenheit vom Arbeitsausfall im Unternehmen etc. vorliegt. Kurzarbeitergeld dient nicht als Finanzierungshilfe für Schulungsmaßnahmen, sondern als Überbrückung für einen Verdienstausfall während eines Arbeitsausfalles zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung. Auch müssen die Inhalte der Maßnahme für den Arbeitsmarkt verwendbar sein.

Das Thema Kurzarbeitergeld wir auch zukünftig ein breites Spektrum in der Arbeitswelt für sich beanspruchen. Informationen der Agentur für Arbeit finden Sie auch hier: https://www.arbeitsagentur.de