Ratgeber

Insolvenzgeld

Als Insolvenzgeld bezeichnet man die Leistung, welche die Bundesagentur für Arbeit an Arbeitnehmer/innen zahlt, wenn insolvenzbedingt der Arbeitgeber keine Entgelte zahlen kann. Der Anspruch ist gesetzlich geregelt und umfasst maximal drei Monate gerechnet rückwirkend des Insolvenzereignisses oder bei vorheriger Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerechnet rückwirkend ab dem Tag der Beendigung.

Wir haben hier die meistgestellten Fragen für Sie zusammengetragen:

Was ist Insolvenzgeld?

Als Insolvenzgeld bezeichnet man die Leistung, welche von der Bundesagentur für Arbeit als Lohnersatzleistung gezahlt wird, wenn insolvenzbedingt der Arbeitgeber keine Entgeltzahlungen leistet.

Der Anspruch besteht für maximal 3 Monate und entspricht im Regelfall dem monatlichen Nettoentgelt. Der Anspruch wird gekürzt, wenn das Bruttoentgelt über der Beitragsbemessungsgrenze der Arbeitslosenversicherung liegt. Sofern ein/e Arbeitnehmer/in freiwillig oder privat kranken-, pflege- oder rentenversichert ist, bekommt diese/r sowohl die Arbeitnehmer- als auch die Arbeitgeberanteile zu den entsprechenden Versicherungszweigen mit ausgezahlt und muss diese selbst an die zuständige Einzahlungsstelle abführen.

Wer hat Anspruch auf Insolvenzgeld?

Einen Insolvenzgeldanspruch haben alle Arbeitnehmer/innen im sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis. Jedoch auch Aushilfen, Schüler- und Studentenjobs, geringfügig und kurzfristig Beschäftigte, welche ggfls. sozialversicherungsfrei sind, haben Anspruch auf Insolvenzgeld.

Für Arbeitnehmer, die erst nach Insolvenzantragsstellung bzw. nach Anordnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens eingestellt werden, gibt es Sonderregelungen. Auf Grund der vielfältigen Ausgestaltung kann hier keine pauschale Antwort gegeben werden.

Organschaften (z.B. Vorstandsmitglieder einer AG) haben im Regelfall keinen Anspruch auf Insolvenzgeld. Bei Gesellschaftern, Geschäftsführern und deren Angehörigen bedarf es einer besonderen Feststellung des Arbeitnehmerstatus durch die Bundesagentur für Arbeit. Für Arbeitnehmer/innen, die im Ausland tätig sind, gelten ebenfalls besondere Vorschriften.

Voraussetzung zur Zahlung des Insolvenzgeldes ist die Antragstellung bei der zuständigen Agentur für Arbeit. Zuständig ist die Agentur für Arbeit im Zuständigkeitsbereich des Arbeitgebers.

Wer hat keinen Anspruch auf Insolvenzgeld?

Keinen Anspruch auf Insolvenzgeld haben Freiberufler (diese legen im Regelfall Rechnung für Ihre Leistung), Geschäftsführer/innen und Mitarbeiter/innen in herrschenden Stellungen der insolventen Gesellschaft.

Mitarbeiter des insolventen Unternehmen, die im Ausland tätig sind und nicht der deutschen Sozialversicherungsplicht unterliegen, haben ggfls. in dem Land einen Anspruch auf Ausfallgeld, in dem sie tätig sind.

Für welchen Zeitraum wird Insolvenzgeld gezahlt?

Der Zeitraum, für den Insolvenzgeld gezahlt wird, wird durch das Insolvenzereignis bestimmt. Das Insolvenzereignis ist der Tag der Insolvenzeröffnung (nicht der Beantragung) oder der Tag, an dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen wird oder der Tag an dem die Betriebstätigkeit vollständig eingestellt wurde.

Ein Anspruch besteht maximal für drei Monate vor dem Insolvenzereignis oder sofern das Arbeitsverhältnis bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet wurde, maximal für 3 Monate vor Ende des Arbeitsverhältnisses.

Hat der/die Arbeitnehmer/in in Unwissenheit des Insolvenzereignisses weitergearbeitet, kann sich der Insolvenzgeldzeitraum ggfls. auch auf Zeiträume nach dem Eintritt des Insolvenzereignisses erstrecken.

Was wird als Insolvenzgeld gezahlt?

Grundsätzlich wird als Insolvenzgeld das ausstehende Nettogehalt gezahlt. Seit 01.04.2004 gilt jedoch als Obergrenze die Beitragsbemessungsgrenze der Arbeitslosenversicherung. Hierzu kommen noch die Arbeitgeberanteile zur freiwilligen bzw. privaten Kranken-, Pflege- und ggfls. Rentenversicherung.

Insolvenzgeldfähige Lohnarten:

Lohn (Zeit- und Akkordlohn), Gehalt, Entgeltfortzahlung, Lohn für Überstunden, Sonntagsarbeit, Feiertagsarbeit und Nachtarbeit, Gefahren-, Wege- und Schmutzzulagen, Auslösungen, Kleidergeld Kostgelder, VL, Gewinnanteile (Tantiemen), Sachbezüge (sofern nicht durch den AG in Natura geleistet), Urlaubsentgelte, Urlaubsgelder, Jahressonderleistungen, Jubiläumsgeld, Heirats- und Geburtszuwendungen, Lohnausgleich im Baugewerbe, Zuschüsse zum Krankengeld, Zuschüsse zum Mutterschaftsgeld, Reisekosten (einschl. Km-Geld für Geschäftsfahrten mit dem eigenen Pkw), Fahrgeldentschädigungen für Fahrten Wo/Arb, Mankogelder, Werkzeuggelder, Provisionen, Zuschüsse des Arbeitgebers zur freiw. bzw. privaten KV/PV/RV.

Wichtig ist, dass der Anspruch im Insolvenzgeldzeitraum entstanden ist.

Ist Weihnachts- und Urlaubsgeld insolvenzgeldfähig?

Für das zusätzliche Urlaubs- und Weihnachtsgeld, falls es sich hier um jährlich wiederkehrende Einmalzahlungen handelt, gibt es eine Sonderregelung. Dieser Anspruch wird mit 3/12. (d.h. für den Zeitraum von 3 Monaten) des Jahresanspruchs vergütet. Wurden durch Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge Stichtagsregelungen vereinbart, so sind diese zu berücksichtigen und setzen die 3/12-Regelung ggfls. aus.

Beispiel:

  • 13. Monatsgehalt Tarifvertrag Metall,
  • zusätzliches Urlaubsgeld für genommene Tage im Baugewerbe.
Was wird nicht als Insolvenzgeld gezahlt?

Abfindungen und Abgeltungen, sowie Leistungen die nicht im Insolvenzgeldzeitraum erwirtschaftet werden, können nicht als Insolvenzgeld gezahlt werden. Ebenso sind Entgelte, die oberhalb der Bemessungsgrenze der Arbeitslosenversicherung liegen nicht insolvenzgeldfähig.

Was ist mit den betrieblichen Altersversorgungen?

Bei den betrieblichen Altersversorgungen ist zunächst zwischen arbeitnehmer- und arbeitgeberfinanzierten Versorgungen zu unterscheiden. Arbeitgeberseitig finanzierte Versorgungen sind nicht insolvenzgeldfähig und können nicht als Insolvenzgeld berücksichtigt werden. Eine durch Entgeltumwandlung arbeitnehmerseitige Versicherung, welche nicht abgeführt wird, gilt für die Berechnung des Insolvenzgeldes als nicht vereinbart, so dass auch der ggfls. steuer- und sozialversicherungsfreie Anteil des Entgeltes der Steuer- und SV-Berechnung unterliegt und als Insolvenzgeld mit ausgezahlt wird. Wir empfehlen immer die Verträge für den Insolvenzgeldzeitraum beitragsfrei zu stellen, damit das Mahn- bzw. Kündigungsverfahren nicht eingeleitet wird.

Wer muss wo und wann Insolvenzgeld beantragen?

Die Zahlung von Insolvenzgeld ist vom Arbeitnehmer / von der Arbeitnehmerin persönlich bei der örtlichen zuständigen Arbeitsagentur des Bezirkes, in dem der insolvente Arbeitgeber seinen Betriebssitz hat, zu beantragen. Das zur Antragsstellung vorgesehene Formular finden Sie im Formular Center und bei den Arbeitsagenturen vor Ort sowie im Internetportal der Bundesagentur für Arbeit. Der Antrag muss innerhalb der Antragsfrist von 2 Monaten ab Eintritt des Insolvenzereignisses gestellt sein.

Kann eine Zahlung des Insolvenzgeldes auch vom Insolvenzverwalter organisiert werden?

Sofern die Aussicht auf eine erfolgreiche Sanierung des insolventen Betriebes besteht, kann die Agentur für Arbeit auf Antrag des Sanierungsberaters, des vorläufigen Insolvenzverwalters und einer vorfinanzierenden Bank bzw. dessen Beauftragten die Durchführung einer Insolvenzgeldvorfinanzierung gewähren. In diesem Fall sind von den an der Vorfinanzierung teilnehmenden Arbeitnehmern/innen, für die Monate, für die eine Bank die Insolvenzgelder vorfinanziert, keine eigenen Insolvenzgeldanträge zu stellen. Sofern Arbeitnehmer/innen nicht für alle drei Monate Insolvenzgeld von der Bank vorfinanziert bekommen, müssen diese jedoch für die restlichen Monate einen eigenen Antrag persönlich bei der Arbeitsagentur stellen.

Informieren Sie sich ggfls. bei Ihrem Arbeitgeber, ob eine Vorfinanzierung der Insolvenzgelder angedacht ist oder Sie persönlich einen Antrag auf Insolvenzgeld bei der Agentur für Arbeit stellen müssen.

Wer kann an dieser Vorfinanzierung teilnehmen?

An einer Vorfinanzierung von Insolvenzgeldern können nur Arbeitnehmer/innen teilnehmen, deren/dessen Arbeitsverhältnisse noch zum Zeitpunkt der Auszahlung bestehen. Ferner muss die Arbeitsleistung beansprucht werden. Ein Rechtsanspruch auf Vorfinanzierung von Insolvenzgeld besteht nicht. Arbeitnehmer/innen, die bereits aus dem Unternehmen ausgeschieden sind, von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt sind, von ihrem Zurückbehaltungsrecht zur Erbringung der Arbeitsleistung gebrauch machen oder bereits Leistungen der Arbeitsagenturen bzw. Jobcenter als Lohnersatz beziehen, können nicht an einer Insolvenzgeldvorfinanzierung teilnehmen.

Was ist bei Lohnpfändungen zu berücksichtigen?

Pfändungen werden – wie bisher auch – im Insolvenzgeldzeitraum berechnet, jedoch einbehalten. Die Pfändungsgläubiger müssen hierfür ebenfalls einen Insolvenzgeldantrag innerhalb der Antragsfrist bei der zuständigen Arbeitsagentur stellen. Dieses betrifft auch Unterhaltsleistungen im Rahmen der Entgeltpfändungen.

Werden weitere Abführungen einbehalten und durch die abgeführt?

Nein, nur Lohnpfändungen werden einbehalten. Beiträge zur freiwilligen bzw. privaten Kranken-, Pflege- und ggfls. Rentenversicherung, sowie zur Vermögensbildung und Altersversorgung werden, sofern diese insolvenzgeldfähig sind, an die Arbeitnehmer/innen ausgezahlt. Diese müssen selber für die Abführungen sorgen.

Wird das Insolvenzgeld versteuert?

Der Bezug von Insolvenzgeld ist steuerfrei. Die Zahlung von Insolvenzgeld unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt des § 32b EStG (Einkommensteuergesetz) und wird wie Arbeitslosengeld bei der Ermittlung des Steuersatzes berücksichtigt, dem das übrige steuerpflichtige Einkommen unterliegt. Für das gezahlte Insolvenzgeld erhalten die Arbeitnehmer/innen für die Steuererklärung im Folgejahr eine Bescheinigung der Arbeitsagentur. Auf der Jahreslohnsteuerbescheinigung selbst, wird das Insolvenzgeld nicht bescheinigt.

Besteht der Krankenversicherungsschutz weiter?

Es besteht Versicherungsschutz zur Krankenversicherung für den gesamten Insolvenzgeld-Zeitraum. Solange das Arbeitsverhältnis nicht beendet ist, besteht der Versicherungsschutz weiter.

Achtung: Sofern ein/e Arbeitnehmer/in freiwillig oder privat kranken-, pflege- oder rentenversichert ist, sind die Beiträge von diesem/r an die entsprechenden Einzugsstellen abzuführen, da sonst ggfls. der Versicherungsschutz nicht mehr gewährleistet ist. Für den Insolvenzgeldzeitrum werden keine Arbeitnehmeranteile der entsprechenden Privat- bzw. Freiwilligenversicherung einbehalten, sondern der/die Arbeitnehmer/in bekommt zusätzlich den Arbeitgeberanteil mit als Insolvenzgeld ausgezahlt und muss selbst Sorge tragen, dass die Beiträge an den Versicherer abgeführt werden.

Gibt es die Möglichkeit, einen Vorschuss auf Insolvenzgeld zu erhalten?

Die Arbeitnehmer/innen können bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. vor Abweisung des Antrages mangels Masse einen Vorschuss bei der Agentur für Arbeit beantragen. Mit dem Antrag sind eine Kopie des Arbeitsvertrages, eine Kopie der Kündigung, Kopien der letzten drei Lohnabrechnungen und eine Bestätigung des Arbeitgebers über offene Entgelte mit einzureichen.

Hierzu ist es erforderlich, auf dem Antragsformular ein Kreuz für die Vorschusszahlung zu setzten. Die Agentur für Arbeit kann nach Ermessen dann einen Vorschuss auf das Insolvenzgeld gewähren.

Folgende Voraussetzungen müssen jedoch erfüllt sein:

  • das Arbeitsverhältnis muss rechtlich beendet sein,
  • der Arbeitgeber / vorläufige Insolvenzverwalter/in muss die ausstehenden Zahlungen bestätigen,
  • der Vorschuss wird auf das Insolvenzgeld angerechnet.
Was ist zu veranlassen, wenn die Voraussetzungen für einen Vorschuss auf Insolvenzgeld nicht gegeben sind?

Sofern keine Voraussetzungen für eine Vorschusszahlung auf Insolvenzgeld vorliegen, kann möglicherweise Zahlung von Arbeitslosengeld im Rahmen der Gleichwohlgewährung gewährt werden. In diesem Fall wird das Arbeitslosengeld ebenfalls auf das Insolvenzgeld angerechnet.

Da Arbeitslosengeld I im Regelfall nur für die Zukunft gezahlt wird, müssen Sie ggfls. bei dem für Sie zuständigen Jobcenter Arbeitslosengeld II (Hartz IV) zum Bestreiten des Lebensunterhaltes beantragen. In beiden Fällen müssen Sie unverzüglich persönlich bei der für Sie zuständigen Leistungsstelle vorsprechen.

Ist der/die Arbeitnehmer/in arbeitsunfähig geschrieben, so kann die Zahlung der Gleichwohlgewährung auch durch Krankengeldzahlung der zuständigen Krankenkasse erfolgen.

Kann ich eine Nebentätigkeit im Insolvenzgeldzeitraum aufnehmen bzw. ausüben?

Sofern Sie bereits vor dem Insolvenzgeldzeitraum eine von Ihrem Arbeitgeber genehmigte Nebentätigkeit nachgegangen sind, können Sie dieser Tätigkeit auch im Insolvenzgeldzeitraum nachgehen. Jedoch sollten Sie einen Nachweis z.B. durch Vorlage des Arbeitsvertrages erbringen können, dass diese Tätigkeit tatsächlich schon vorher bestanden hatte.

Wollen Sie im Insolvenzgeldzeitraum eine Nebentätigkeit (oder auch eine Haupttätigkeit) aufnehmen, müssen Sie sich die Einkünfte, die Sie aus dieser Tätigkeit erzielen auf Ihren Insolvenzgeldanspruch anrechnen lassen.

Informationen der Agentur für Arbeit finden Sie auch hier: https://www.arbeitsagentur.de