Ratgeber

Freistellung

Als Freistellung bezeichnet man im Arbeitsrecht die einseitige Anordnung des Arbeitgebers oder eine einvernehmliche Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, den Arbeitnehmer von der Pflicht zur Erbringung seiner Arbeitsleistung dauerhaft oder zeitweise zu entbinden.

Wenn die Freistellung auf Wunsch des Arbeitnehmers erfolgt, ohne dass der Arbeitnehmer hierauf einen Rechtsanspruch hat, ist sie in der Regel unbezahlt. Im Insolvenzverfahren wird der vorläufige Insolvenzverwalter /vorläufige Sachwalter in Abstimmung mit der Geschäftsleitung oder der Insolvenzverwalter /Sachwalter eine unbezahlte Freistellung aussprechen, wenn eine Zahlung der Entgelte nicht möglich sein wird.

Wir haben hier die meistgestellten Fragen für Sie zusammengetragen:

Darf ich im Rahmen eines Insolvenzverfahrens von der Erbringung meiner Arbeitsleistung freigestellt werden?

Ja, das ist im Insolvenzverfahren jederzeit möglich.

Ist eine Freistellung eine Kündigung?

Eine Freistellung ist keine Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sondern entbindet Sie von der Erbringung der Arbeitsleistung.

Wird mein Urlaubsanspruch bzw. mein Mehrarbeitszeitkonto während der Freistellung aufgebraucht?

Ja, im Regelfall wird die Freistellung unter Anrechnung von Urlaub und Mehrarbeitszeit angeordnet. Auf die Aufrechnung muss jedoch in der Freistellung ausdrücklich hingewiesen werden. Auch kann die Freistellung für die Zeit der Aufrechnung nur unwiderruflich erfolgen, so dass Sie über diese Zeit verfügen können. Für die Zeit nach dem Aufbrauch von Urlaub und Mehrarbeitszeit kann die Freistellung auch widerruflich erfolgen, d.h. in dieser Zeit müssen Sie ggfls. zur Verfügung stehen. Das Dispositionsrecht obliegt dem Arbeitgeber (im Insolvenzfall mit Fremdverwaltung, dem Insolvenzverwalter), dieser kann Urlaubs- und Mehrarbeitszeitnahme anordnen.

Was ist, wenn ich bereits während der Freistellungszeit Urlaub geplant habe?

Hierauf sollten Sie den Insolvenzverwalter aufmerksam machen. In den meisten Fällen können Sie den Urlaub sicherlich antreten. Wichtig ist, dass Sie unbedingt bei einem Leistungsbezug die Leistungsstelle informieren. Am Tag der Leistungsbeantragung selbst dürfen Sie sich jedoch nicht im Urlaub befinden, ggfls. sprechen Sie mit Ihrem Arbeitgeber bzw. dem Insolvenzverwalter, dass Sie für diesen Tag aus dem Urlaub zurückgeordert werden.

Wenn ein Betriebsrat vorhanden ist, muss dieser einer Freistellung zustimmen?

Bei einer unwiderruflichen Freistellung handelt es sich bereits ggfls. um eine Betriebsänderung. Es muss vor dem Ausspruch flächendeckender Freistellungen eine Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat abgeschlossen werden.

Wenn ein Betriebsrat vorhanden ist und dieser nicht bereit ist, einen Interessenausgleich wegen der Betriebsänderung abzuschließen, können mir dann Nachteile entstehen?

Die Ansprüche in der Freistellung, auch wenn der Zahlungsausgleich dafür nicht unmittelbar erfolgt, sind unstrittig, sofern die Freistellung nicht auf Wunsch des Arbeitnehmers erfolgt. Jedoch kann in einem solchen Fall nur eine widerrufliche Freistellung erfolgen und die Leistungsstellen (Arbeitsagentur, Jobcenter etc.) können auf Grund der nichtvorhandenen, unwiderruflichen Freistellung eine Überbrückungsleistung verweigern.

Kann mich der Arbeitgeber bzw. der Insolvenzverwalter während der Freistellung auffordern weiterzuarbeiten bzw. meine Arbeit wieder aufzunehmen?

Man unterscheidet zwischen einer widerruflichen und unwiderruflichen Freistellung. Bei der widerruflichen Freistellung kann der Arbeitgeber jederzeit vom Arbeitnehmer die Wiederaufnahme der Arbeit verlangen. Bei einer der unwiderruflichen Freistellung wird der Arbeitnehmer nicht mehr während der Freistellungsphase zur Arbeit zurückgerufen. Eine Wiederaufnahme der Arbeit ist nur im gegenseitigen Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer möglich.

Wenn eine widerrufliche Freistellung ausgesprochen wurde und ich der Aufforderung zur Arbeitsaufnahme nicht folgeleiste, können mir dann Nachteile entstehen?

Ja, das Weisungsrecht obliegt dem Arbeitgeber bzw. nach Insolvenzeröffnung dem Insolvenzverwalter. Wenn Sie der Aufforderung nicht nachkommen, können Ihnen Entgeltansprüche verloren gehen.

Ich wurde unwiderruflich freigestellt, was muss ich tun, um Leistung für meinen Lebensunterhalt zu erhalten?

Damit Sie Ihren Lebensunterhalt bestreiten können, sieht der Gesetzgeber vor, dass Sie Leistungen im Rahmen der sogenannten Gleichwohlgewährung beantragen können. Die Gleichwohlgewährung ist im § 157 Abs. 3 des Dritten Sozialgesetzbuches (SGB III) vom Gesetzgeber geregelt. Die hier durch die Arbeitsagentur erbrachte Leistung wird dann mit Ihrem Auslauflohn (Masseverbindlichkeitsanspruch nach § 55 InsO) verrechnet. Sofern Sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, ist das Jobcenter (auch Arge) und im Krankheitsfall Ihre Krankenkassen zuständig.

Ich wurde widerruflich freigestellt, jedoch kann mir mein Arbeitgeber keinen Lohn zahlen. Was muss ich tun, um Leistung für meinen Lebensunterhalt zu erhalten?

Sie haben gemäß § 138 SGB III auch bei einer widerruflichen Freistellung einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I im Rahmen der Gleichwohlgewährung (§157 Abs. 3 SGB III), wenn die sonstigen Voraussetzungen zum Arbeitslosengeldbezug vorliegen.

Hierzu gehört u.a. auch die Beschäftigungslosigkeit.

Eine (wenn auch vorübergehende) Beschäftigungslosigkeit liegt auch vor, wenn der Arbeitgeber den Verzicht auf die Weisungsbefugnis oder Arbeitsleistung erklärt. Diese Erklärung ergibt sich aus der Ihnen überreichten Freistellung (…Die Freistellung bedeutet, dass die Insolvenzschuldnerin respektive der Unterzeichner als Ihr Arbeitgeber Ihre Arbeitsleistung ab sofort nicht mehr in Anspruch nehmen wird, sodass Sie weder für die Insolvenzschuldnerin noch für den Insolvenzverwalter ab Freistellung Ihre Arbeitsleistung erbringen dürfen. …)

Ebenfalls müssen Sie gegenüber dem Arbeitgeber erklären, dass Sie das Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht mehr anerkennen. Diese Erklärung muss schriftlich erfolgen. Den Eingang muss Ihnen Ihr Arbeitgeber schriftlich bestätigen. Die vom Arbeitgeber bestätigte Erklärung reichen Sie dann der für Sie zuständigen Agentur für Arbeit unter Bezugnahme Ihres Leistungsantrages weiter.

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass auch die Arbeitssuchendmeldung eine Voraussetzung zum Leistungsbezug ist. Fragen hierzu richten Sie bitte an die für Sie zuständige Agentur für Arbeit.

Auf was muss ich unbedingt für einen Leistungsbezug beachten?

Um Leistungen im Rahmen der Gleichwohlgewährung in Anspruch nehmen zu können, müssen Sie unmittelbar bei der für Sie zuständigen Agentur für Arbeit, möglichst am gleichen Tag, nach Erhalt der Freistellung persönlich vorsprechen und Leistung in Form von Arbeitslosengeld I im Rahmen der Gleichwohlgewährung (§ 157 Abs. 3 SGB III) beantragen. Leistungen werden im Regelfall erst ab dem Tag des persönlichen Vorsprechens gewährt.

Genügt die telefonische Mitteilung oder die Arbeitssuchendmeldung per Internet um Leistungen der Agentur für Arbeit zu erhalten?

Sie müssen zwischen Arbeitssuchendmeldung und Antrag auf Leistung (Arbeitslosengeld) unterscheiden. Die Arbeitssuchendmeldung können Sie auf der Internetseite der Agentur für Arbeit (www.arbeitsagentur.de) vornehmen. Wegen eines Leistungsbezuges müssen Sie persönlich bei der für Sie zuständigen Arbeitsagentur vorsprechen.

Was ist, wenn ich keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I habe?

Das Jobcenter kann im Bedarfsfall ebenfalls Leistungen zur Grundversorgung gewähren (§ 33 SGB II), welche ebenfalls mit Ihren Ansprüchen auf Ihren Auslauflohn verrechnet werden.

Hierzu ist es wichtig, dass Sie bei Ihrem Jobcenter (Leistungsstelle Arbeitslosengeld II) persönlich vorsprechen und Leistung zur Grundversorgung (§ 33 SGB II) beantragen.

Was ist, wenn ich krank bin?

Sollten Sie krank sein oder besteht auf Grund einer Schwangerschaft ein Beschäftigungsverbot oder beziehen Sie eine AG-Aufstockung zum Mutterschaftsgeld, müssen Sie bei Ihrer Krankenkasse vorsprechen, welche Krankengeld im Rahmen der Gleichwohlgewährung zahlen kann. Klären Sie in jedem Fall auch mit Ihrer Krankenkasse ab, ob es zusätzlich einer Mitteilung gegenüber Ihrem zuständigen Arbeitsamt bedarf. Die hier durch die Krankenkasse erbrachte Leistung wird dann mit Ihrem Auslauflohn verrechnet.

Welche Unterlagen sollten der Leistungsstelle (Agentur für Arbeit, Jobcenter, Krankenkasse) vorgelegt werden?

Bei der Beantragung von Leistungen (Alg I, Alg II, Krankengeld) im Rahmen der Gleichwohlgewährung legen Sie der Leistungsstelle eine Kopie der Ihnen ausgehändigten, (un)widerruflichen Freistellung von der Erbringung der Arbeitsleistung, Kopien der letzten 12 Entgeltabrechnungen, welche Sie von Ihrem Arbeitgeber erhalten haben, eine Kopie Ihres Arbeitsvertrages sowie sofern Ihnen bereits ausgehändigt, die Kündigung Ihres Arbeitgebers/des Insolvenzverwalters/Aufhebungsvertrages etc. vor. Auch benötigen Sie Ihren Pass oder Personalausweis und ggfls. auch eine aktuelle Meldebescheinigung. Sie erhalten im Regelfall von dort noch Unterlagen, die Sie von Ihrem Arbeitgeber bzw. dem Lohnbüro des Insolvenzverwalters ausfüllen lassen und der Leistungsstelle nachreichen müssen.

Was ist zu tun, wenn mich die Leistungsstelle auffordert einen Antrag auf Insolvenzgeld zustellen?

Hier ist zunächst zu prüften, ob Sie die Leistung für die Zeit vor oder nach dem Tag der Insolvenzeröffnung beantragen wollen. Auf Insolvenzgeld haben Sie nur für einen dreimonatigen Zeitraum, gerechnet vom Vortag des Insolvenzereignisses (Insolvenzeröffnung oder der Tag der Insolvenzabweisung mangels Masse) oder sofern Ihr Arbeitsverhältnis vor diesem Tag beendet wurde, drei Monate rückwirkend zur Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses Anspruch. Für die Zeit nach Eintritt des Insolvenzereignisses besteht im Regelfall kein Anspruch auf Insolvenzgeld.

Sollten Sie Leistungen für die Zeit ab dem Insolvenzereignis Leistungen beantragen, dann kann es sich im Regelfall nicht um Insolvenzgeld handeln. Ist die Leistung für die Zeit davor, dann ist es, im Regelfall Insolvenzgeld und Sie sollten unbedingt den Antrag dafür stellen. Jedoch kann es sein, dass Sie zusätzlich Arbeitslosengeld beantragen müssen, da die gesetzlichen Voraussetzungen zur Zahlung von Insolvenzgeld noch nicht vorliegen.

Welche Information ist für die Leistungsstelle wichtig?

Für die Leistungsstelle ist es wichtig zu wissen, dass Sie die Leistung im Rahmen der Gleichwohlgewährung beantragen, da Ihr Arbeitgeber kein Entgelt zahlt bzw. Sie keine Leistungen aus dem Insolvenzverfahren erhalten. Teilen Sie der Leistungsstelle den Namen und die Anschrift Ihres Arbeitgebers und des Insolvenzverwalters bzw. Sachwalters mit.

Kann ich während der Freistellung eine neue Tätigkeit aufnehmen?

Ja, das ist nach Absprache mit der Insolvenzverwaltung möglich. Jedoch müssen Sie sich die erzielten Einkünfte auf Ihre Ansprüche anrechnen lassen (§ 615 BGB). Sofern Sie Leistungen der Arbeitsagentur, dem Jobcenter oder Ihrer Krankenkasse beziehen, dann ist die Arbeitsaufnahme vor Anritt der Leistungsstelle mitzuteilen, damit Sie sich nicht wegen Leistungsmissbrauch verantworten müssen.

Kann ich während der Freistellung mein Arbeitsverhältnis beenden?

Ja, das Recht der Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht auch während einer Freistellung. Die gesetzlichen und vertraglich geregelten Kündigungsfristen sind jedoch einzuhalten. Im eröffneten Insolvenzverfahren hat der Insolvenzverwalter (auch der Eigenverwalter) ein besonderes Kündigungsrecht nach § 113 InsO; die Kündigungsfrist beträgt hier maximal 3 Monate. Wollen Sie vorzeitig ausscheiden, dann sprechen Sie unbedingt mit Ihrem Arbeitgeber bzw. dem zuständigen Insolvenzverwalter.

Was ist, wenn ich oder die Mitarbeiter der Arbeitsagentur Rückfragen zum Bezug der Leistungen im Rahmen der Gleichwohlgewährung haben?

In diesem Fall können Sie Kontakt zum Personalbüro des Insolvenzverwalters aufnehmen. Dieses Angebot gilt selbstverständlich auch für Ihren Kundenberater der Agentur für Arbeit, Ihrem Jobcenter bzw. Ihrer Krankenkassen.