Ratgeber

Kündigung

Das Durchlaufen eines Insolvenzverfahrens muss nicht automatisch den Verlust des Arbeitsplatzes bedeuten. Auch durch das Insolvenzverfahren werden grundsätzliche Vorschriften des Kündigungsschutzes nicht ausgesetzt.

Wir haben hier die meistgestellten Fragen für Sie zusammengetragen:

Ist mein Arbeitsvertrag auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch gültig?

Auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens behält der zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber abgeschlossene Arbeitsvertrag seine Gültigkeit. Die festgelegten Konditionen bleiben weitestgehend gültig. Eine wichtige Ausnahme hiervon sind jedoch eventuell vereinbarte Kündigungsfristen.

Welche Kündigungsfristen sind im Insolvenzfall gültig?

Es gelten auch im Insolvenzfall die vertraglichen, tariflichen bzw. gesetzlichen Kündigungsfristen. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat der Insolvenzverwalter jedoch die Möglichkeit mit einer maximalen Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Monatsende (§ 113 InsO) zu kündigen, sofern vertraglich, tariflich oder gesetzlich eine längere Kündigungsfrist bestehen sollte.

Muss ich mich bei Erhalt der Kündigung bei der Agentur für Arbeit melden?

Ja, es besteht die Pflicht sich unmittelbar nach Erhalt der Kündigung bei der Agentur für Arbeit Arbeitsuchend zu melden. Kommen Sie dieser Verpflichtung nicht nach, kann es zu Leistungskürzungen bzw. zu einer Leistungssperre führen. Auch wenn Sie sich bereits mit einer Freistellung bei der für Sie zuständigen Arbeitsagentur gemeldet haben, sind Sie verpflichtet den Kündigungsausspruch der Arbeitsagentur mitzuteilen.

Von wem bekomme ich meine Arbeitsbescheinigung für den Bezug von Arbeitslosengeld?

Sofern es noch ein Lohnbüro in Ihrem Betrieb gibt, werden die dortigen Mitarbeiter Ihnen behilflich sein. Sollte das Büro nicht mehr besetz sein, dann wenden Sie sich an den Insolvenzverwalter. Übergeben Sie diesen neben dem Formular der Arbeitsagentur auch Kopien der letzten zwölf Lohnscheine, Ihres Arbeitsvertrages und Ihrer Kündigung. Damit würden alle Unterlagen vorgelegt, die zum Erstellen der Arbeitsbescheinigung notwendig sind.

Gelten die Regeln des Kündigungsschutzes auch in der Insolvenz?

Das Insolvenzverfahren selbst ist kein Grund, Ihnen zu kündigen. Es gelten insofern die Regeln des Kündigungsschutzes, wenn das Kündigungsschutzgesetz bereits vor der Insolvenz auf Ihr Unternehmen Anwendung gefunden hat. Eine wesentliche Ausnahme im Insolvenzfall ist jedoch, dass es dem Insolvenzverwalter möglich ist, die durch den Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder gesetzlich geltenden Kündigungsfristen auf drei Monate zu reduzieren. Ist vertraglich eine kürzere Kündigungsfrist festgelegt, so gilt diese weiter.

Habe ich einen Anspruch auf einen Schadensersatz bei Abkürzung meiner Kündigungsfrist durch den Ausspruch der Kündigung durch den Insolvenzverwalter?

Ja, durch die Verkürzung der Kündigungsfrist wird ein Schadensersatzanspruch (Verfrühungsschaden) ausgelöst, den der betroffene Mitarbeiter beim zuständigen Insolvenzverwalter als Insolvenzforderung nach § 38 InsO zur Insolvenztabelle in € brutto beziffert anmelden kann. Haben Sie für diesen Zeitraum jedoch Einkünfte, dann müssen Sie sich diese anrechnen lassen. Anzurechnen sind auch erbrachte Leistungen der Bundesagentur für Arbeit, dem Jobcenter bzw. der Krankenkasse für den Schadenszeitraum.

Besteht ein Recht auf Kündigungsschutzklage?

Die Tatsache der Insolvenz verwirkt nicht das Recht auf Kündigungsschutzklage. Es sind die gesetzlichen Fristen zu beachten. So ist eine Klage ggfls. innerhalb von drei Wochen nach Eingang der Kündigung zu erheben.

Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ruhen alle Prozesse (so auch bereits laufende Kündigungsschutzprozesse). Sowohl Arbeitnehmer/innen als auch der Insolvenzverwalter können unterbrochene Prozesse wieder aufnehmen. Ansprüche können jedoch auch außergerichtlich anerkannt oder gemeinsam mit Ihnen für erledigt erklärt werden. Besteht seitens des insolventen Unternehmens Masseunzulänglichkeit, so müssen Sie ggfls. die vollen Kosten tragen. Prüfen Sie (ggfls. mit Ihrem Rechtsbeistand) die veränderten Handlungsmöglichkeiten; auch in finanzieller Hinsicht.

Fällt der Kündigungsschutz für schwerbehinderte und gleichgestellte Menschen, sowie für werdende Mütter bzw. Mitarbeiter/innen in Elternzeit weg?

Nein, auch in der Insolvenz bedarf es der Zustimmung der zuständigen Behörden, bevor Mitarbeiter/innen die einen besonderen Kündigungsschutz genießen, gekündigt werden dürfen.

Eine Einschränkung gibt es bei anerkannten Schwerbehinderungen unter 50 % GdB (Gleichgestellte). Die Gleichstellung muss von der Bundesagentur für Arbeit anerkannt sein. Ein besonderer Kündigungsschutz besteht nicht, wenn lediglich die der GdB (unter 50%) vom Integrationsamt bestätigt wurde. Bei Schwerbehinderungen ab 50 % GdB bedarf es keiner besonderen Anerkennung durch die Bundesagentur für Arbeit.

Muss ich meinen Pflichten aus meinem Arbeitsverhältnis auch nach Verfahrenseröffnung und ggfls. bereits erfolgtem Ausspruch einer Kündigung nachkommen?

Ja, Sie sind im Rahmen Ihres bestehenden Arbeitsverhältnisses verpflichtet, Ihrer vertraglich vereinbarten bzw. zugewiesenen Arbeit nachzukommen. Der Arbeitsvertrag hat bis zu seiner Beendigung weiter Bestand.

Darf ich auf Grund der Insolvenz die Arbeit verweigern?

Nein, die Tatsache alleine, dass ein Insolvenzverfahren anhängig oder bereits eröffnet ist, ist kein Grund, dass Sie die Arbeit niederlegen können. Daher sind Sie grundsätzlich auch in der Insolvenz Ihres Arbeitgebers dazu verpflichtet, Ihren vertraglichen Aufgaben nachzukommen.

Was geschieht mit meinem Resturlaub?

Resturlaubsansprüche sind mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten, sofern diese nicht in natura genommen werden können. Zu beachten ist hierbei in der Insolvenz, dass solche Ansprüche bereits durch Freistellung aufgebraucht werden können. Bestehen nach Beendigung dennoch Ansprüche, so sind diese abzugelten. Endet das Arbeitsverhältnis vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, dann sind die Urlaubsabgeltungsansprüche Tabellenansprüche nach § 38 InsO, die der/die betroffene Arbeitnehmer/in als solche in € brutto beziffert beim zuständigen Insolvenzverwalter/Sachwalter nach § 174 InsO i. V. m. § 38 InsO anmelden können. Endet das Arbeitsverhältnis nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, ist der Abgeltungsanspruch eine Masseverbindlichkeit nach § 55 InsO und im Regelfall besser gestellt. Ob der Anspruch sofort oder erst im Laufe des Verfahrens und auch komplett oder nur quotiert gezahlt werden kann, ist jedoch entscheidend vom Verfahrensverlauf des Insolvenzverfahrens abhängig. Wichtig zu wissen, Masseansprüche nach § 55 InsO unterliegen der Verjährung.

Was geschieht mit meinen Überstunden?

Auch für Überstunden besteht die Möglichkeit, dass diese im Rahmen einer Arbeitsfreistellung aufgebraucht werden. Für restliche Stunden wird im Regelfall das Entstehungsprinzip angewandt. Wurde die Arbeitsleistung vor Insolvenzeröffnung erbracht, dann sind es Tabellenansprüche nach § 38 InsO; entstanden die Ansprüche danach, dann werden die Stunden als Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO behandelt.

Habe ich einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?

Auch bei insolvenzbedingtem Ausscheiden aus einem Unternehmen haben Sie einen Anspruch auf ein einfaches oder ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Sollte Ihr Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch fortbestehen, kann auch der Insolvenzverwalter Ihnen das Zeugnis anfertigen. Bedenken Sie aber, dass dieser Sie nicht kennt und ggfls. auch nicht beurteilen kann. Wir empfehlen hier eine Liste anzufertigen, in der Sie Ihre Betriebszugehörigkeit, Arbeitsinhalte etc. vermerken. Diese Informationen kann der Insolvenzverwalter ggfls. übernehmen. Da es sich auch hier um ein normales Arbeitszeugnis handelt, gelten die üblichen Regelungen zur Erstellung und Beurteilungen. Dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Insolvenz erfolgt, kann vermerkt werden. Da Firmenpapier im Regelfall nicht der Aufbewahrungspflicht unterliegt, kann Ihnen ggfls. Ihr Zeugnis nur auf neutralem Briefbogen erstellt werden. Wenden Sie sich wegen eines Zeugnisses ggfls. rechtzeitig an Ihren Arbeitgeber. Auch für den Anspruch auf Zeugnisse gelten die Verjährungsfristen.

Kann ich eine neue Arbeit aufnehmen, auch wenn mein Arbeitsverhältnis noch nicht beendet ist?

Solange Ihr Arbeitsverhältnis noch nicht beendet ist, müssen Sie eine Übereinkunft mit Ihrem Arbeitgeber bzw. dem Insolvenzverwalter treffen, dass Sie auch vor Ablauf der Kündigungsfrist eine neue Tätigkeit nachgehen können. Damit Ihnen keine Nachteile entstehen, sprechen Sie hierzu unbedingt den Insolvenzverwalter an. Die Möglichkeit eines Aufhebungsvertrages ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist ist allemal gegeben.

Habe ich einen Anspruch auf eine Abfindung, wenn ich vom Insolvenzverwalter gekündigt werde?

Ein genereller gesetzlich verankerter Anspruch besteht nicht. Sofern im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses ein Anspruch zugesprochen wird, ist dieser gemäß Urteil bzw. Vergleiches auch im Insolvenzverfahren zu berücksichtigen. Insolvenzrechtliche Vorschriften sind jedoch anzuwenden. Für den Abschluss eines Sozialplanes nach § 123 InsO bedarf es im Insolvenzfall eines Betriebsrates, mit dem eine entsprechende Vereinbarung geschlossen werden kann. Muss ein Betrieb geschlossen werden, in dem es keinen Betriebsrat gibt, gibt es im Regelfall keinen Sozialplan.