Ratgeber

Arbeitnehmerforderungen im Insolvenzfall

Arbeitnehmer/innen sind im Insolvenz- bzw. Sanierungsverfahren mit offenen Forderungen gegenüber ihrem Arbeitgeber Gläubiger/innen. Sie werden weder besser noch schlechter gestellt als die übrigen Gläubiger/innen. Jedoch haben Arbeitnehmer/innen für bis zu drei Monaten rückständige Entgelte Anspruch auf Insolvenzgeld, welches durch die Solidargemeinschaft gesichert ist.

Ansprüche die nicht durch Zahlung von Insolvenzgeld zur Erledigung gebracht werden, müssen zum Insolvenzverfahren angemeldet werden.

Wir haben hier die meistgestellten Fragen für Sie zusammengetragenn

Wie unterscheiden sich die Ansprüche der Arbeitnehmer/innen?

Es gibt drei Gruppen von Forderungen:

Gruppe 1 Insolvenz(Tabellen)forderungen nach § 38 InsO Dieses sind Forderungen deren Leistungserbringung vor der Verfahrenseröffnung zuzuordnen ist.

Gruppe 2 Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO Dieses sind Forderungen, deren Leistungen dem Zeitraum ab Verfahrenseröffnung zuzuordnen ist.

Gruppe 3 Sozialplangläubiger nach § 123 InsO Dieses sind Forderungen, die durch den Abschluss eines Sozialplanes nach § 123 InsO zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Betriebsrat entstehen.

Was können Insolvenz(Tabellen)forderungen nach § 38 InsO sein?

Tabellenforderungen nach § 38 InsO sind Forderungen die vor Verfahrenseröffnung entstanden sind. Hierzu gehören zum Beispiel Entgelte oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze der Arbeitslosenversicherung, nichtgezahlte Prämien, Provisionen und Tantiemen für Zeiträume vor Verfahrenseröffnung, der Bestand von Mehrarbeitszeitkonten bis zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung, nicht abgeführte Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung, sofern diese nicht durch Rückwandlung wegen Insolvenzgeld zur Erledigung gebracht wurden, rückständige Reiskosten und Auslagen sowie ggfls. anteiliges Weihnachts- und Urlaubsgeld. Endet Ihr Arbeitsverhältnis vor Insolvenzeröffnung, gehört auch eine eventuelle Urlaubsabgeltung zu den Forderungen dieses Ranges. Verfrühungsschäden wegen Verkürzung von Kündigungsfisten nach § 113 InsO gehören auch mit zu den Tabellen- bzw. Insolvenzforderungen nach § 38 InsO.

Die Forderungen sollten als Bruttobeträge angemeldet werden, da bei einer eventuellen quotierten Auszahlung zum Verfahrensende der Steuerabzug zwingend vorgenommen werden muss. Wird rückständiges Entgelt in Netto angemeldet, wird im Regelfall unterstellt, dass es sich um einen Teilbruttobetrag handelt.

Muss die Anmeldung nach § 38 InsO schriftlich erfolgen?

Ja, die Anmeldung nach § 38 InsO muss schriftlich erfolgen. Sie kann formlos oder mit einem Anmeldeformular (Formularcenter) erfolgen. In der Anmeldung muss die Höhe der Forderung (möglichst in €/brutto) beziffert und der Forderungsgrund genannt werden. Die Zustellung an den Insolvenzverwalter/Sachwalter kann im Regelfall auf dem Postweg, per Telefax oder per Email erfolgen. Bei der Zustellung per Email ist zu beachten, dass die Anmeldung eingescannt und mit der Unterschrift des Gläubigers versehen zugestellt wird.

Bis wann muss die Forderung angemeldet werden?

Die Anmeldung muss dem Insolvenzverwalter/Sachwalter bis zum Anmeldeschluss vorliegen. Sollte die Anmeldung zu einem späteren Zeitpunkt dort eingehen, ist sie gebührenpflichtig. Zu den angemeldeten Forderungen findet ein Prüfungstermin statt. Für verspätet eingegangene Forderungen wird ein gesonderter Prüfungstermin anberaumt (daher gebührenpflichtig). Sollten die Forderungen bestritten oder bis zur weiteren Klärung bestritten werden, erhalten Sie nach dem Prüfungstermin einen beglaubigten Auszug aus der Tabelle. Wird dagegen die Forderung festgestellt (= anerkannt), erhalten Sie keine weitere Informationen (§ 179 Abs. 3 Satz 3 InsO). Sie nehmen dann an der Schlussverteilung des Vermögens bei Abschluss des Verfahrens teil. Über die tatsächliche Höhe ist zum Zeitpunkt der Anmeldung bzw. Prüfung keine Aussage möglich.

Was können Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO sein?

Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO sind z. B. Auslauflöhne für die Zeit ab Verfahrenseröffnung, Urlaubsabgeltungsansprüche, sofern das Arbeitsverhältnis erst nach Verfahrenseröffnung endet, Mehrarbeitsstundenabgeltung, jedoch nur für die Leistungserbringung ab Verfahrenseröffnung erfolgte. Anteilige Urlaubsgelt- und Weihnachtsgeldleistungen, die dem Zeitraum ab Verfahrenseröffnung zuzuordnen sind. Verfrühungsschaden wegen Verkürzung der Kündigungsfristen (§113 InsO) stellen jedoch kein Anspruch nach § 55 InsO sondern einen Anspruch nach § 38 InsO dar.

Werden die Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO gleich gezahlt?

Sofern Ihre Arbeitsleistung nach Verfahrenseröffnung in Anspruch genommen wird, kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass Sie dafür auch eine Vergütung bekommen, sofern nicht vorhersehbar die Masseunzulänglichkeit eintritt. Sollte Ihre Arbeitsleistung nicht in Anspruch genommen werden, kann auf Grund vorherrschender Masseunzulänglichkeit die Zahlung ausbleiben. Hier stellen wir anheim, Ihre Forderung beim zuständigen Insolvenzverwalter/Sachwalter schriftlich anzumelden. Dieses kann formlos oder einem Anmeldeformular (Formularcenter) erfolgen. Ihre Forderung muss in €/brutto beziffert und der Forderungsgrund muss benannt werden.

Unterliegen Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO der Verjährung?

Sofern der zuständige Verwalter nicht den Verzicht der Einrede der Verjährung erklärt, unterliegen Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO der Verjährung.

Gibt es in jedem Insolvenzverfahren einen Sozialplan nach § 123 InsO?

Nein, es bedarf hier einer Betriebsvereinbarung zwischen dem Insolvenzverwalter (auch Eigenverwalter) und dem Betriebsrat. Ist kein Betriebsrat im Unternehmen vorhanden, kann kein Sozialplan angeschlossen werden.

In welcher Höhe kann ein Sozialplananspruch bestehen?

Die maximale Summe eines Sozialplanes besteht aus der Summe des 2,5-fachen Bruttoentgeltes jeden/r sozialplanberechtigten Arbeitnehmer/in. Der individuelle Anspruch wird im Regelfall mit einem Punktesystem nach Alter und Betriebszugehörigkeit ermittelt im Rahmen der Sozialplanverhandlungen mit dem Betriebsrat verhandelt. Auch können Unterhaltsverpflichtungen, Schwerbehinderungen und Wochenarbeitszeiten Einfluss auf die Berechnung nehmen.

Die Verbindlichkeiten aus einem solchen Sozialplan sind Masseverbindlichkeiten. Jedoch darf, wenn nicht ein Insolvenzplan zustande kommt, für die Berichtigung von Sozialplanforderungen nicht mehr als ein Drittel der Masse verwendet werden, die ohne einen Sozialplan für die Verteilung an die Insolvenzgläubiger zur Verfügung stünde. Übersteigt der Gesamtbetrag aller Sozialplanforderungen diese Grenze, so sind die einzelnen Forderungen anteilig zu kürzen.